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Vom Betteln

und vom Bedürfnis zu geben
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Gibt man Bettlern oder gibt man ihnen nicht. Das war mehrfach eine Frage in den letzten Tagen, in letzter Zeit.

Die Obdachlosen in Nizza, die unter Brücken und in Hauseingängen ihr Lager aufschlagen. Bilder im Netz von bewohnten Parkbänken in Hamburg und Berlin.

Die Diskussion am Kaffeetisch. Wer Bettlern gibt, so die These meines Gegenübers, macht sie erst zu solchen und nimmt ihnen die Würde; die gute Tat ist, NICHTS zu geben.

Aber der Bettler/ die Bettlerin hat sich eventuell bewusst entschieden, wende ich ein. Nach dem Motto „Würde ist gut; Bargeld ist besser.“ Würde muss man sich leisten können. Außerdem verdient auch diese Entscheidung Respekt. Und ohnehin ist das Empfinden von Würde ein sehr subjektives und nicht zu knapp von der eigenen Lebenslage abhängig. Ich bin mir ziemlich sicher, kaum einer bettelt aus Jux und Dollerei, und weil das so ein klasse Outdoor-Job mit großzügigem Stundenlohn ist.  Und schließlich hatte mein Nachbar mich auf die Frau aufmerksam gemacht, die – spindeldürr - neuerdings am Norma sitzt. Eine echte Sorge treibt ihn um -  kann man dieser Frau nicht helfen?

Ich habe sie längst gesehen und meine sie zu kennen. Sie wohnt in dem Haus, dessen Fassade ganz mit Zetteln bedeckt ist. Nachrichten an die Aussenwelt, abgehakt wie Blitzlichter - ein Polizist drückt ihren Kopf auf die Erde, ein Zwangsaufenthalt in der Psychiatrie, tote Katzen, ein Einbruch und böse Nachbarn, überhaupt viele Namen von vielen (vermeintlich) bösen Leuten.

Als Grundschulkind hat mich ein Mädchen, das aus jenem Haus kam, mal gegen ältere  Rabauken in der Schule verteidigt. Dafür war ich damals sehr dankbar.

Sie bettelt ohne zu betteln. Es liegt kein Hut, kein Schild vor ihr. Sie sitzt einfach nur da wie ein Mahnmal. Und ich habe das Gefühl, das ist sie auch. Was ist Würde für sie? Ich stelle mir vor, selbstbestimmtes Leben im eigenen Haus, und sei das Dasein auch noch so karg und arm, (anscheinend ist der Strom längst abgestellt), ist ihr lieber, als der propagierte offizielle/ institutionelle Weg, auch wenn der etwas Komfort mit sich brächte. Sie KANN diesen institutionellen Weg einfach nicht gehen. Ihr Misstrauen ist zu groß, und es führt schnell in eine Richtung, die sie nicht verträgt. Ich weiß nicht, was richtig ist, und was ´das Beste´ für sie. Und solange ich das nicht weiß, denke ich, ihre Entscheidung gilt.  Also gehe ich nach Gefühl – und ich WILL geben.

Es regnet ein paar Tage, und ich meine, es ist ganz ausgeschlossen, sich an den Norma zu setzen. Essen muss man trotzdem. Ich gehe zu dem Haus und will grade etwas Geld in den Briefkasten werfen, als sie herauskommt und mich fragt, wer ich sei und was ich wolle.

„Ich wohne in der Stadt. Ich will Ihnen etwas einwerfen.“

„Was?“

„Geld.“

 Braucht sie nicht, sagt sie.

Ich weiß nicht, was ich sagen soll. „Ich habe Sie am Norma sitzen sehen.“

„Dann kommen Sie dorthin und geben mir dort“, sagt sie, und sagt auch wieviel. Es ist weniger, als ich in der Hand habe.

Sie lässt sich aus über Nachbarn und tote Katzen, und über ihre bedrängte Existenz; sie will  in ihrem Geburtshaus bleiben, egal wie. Sie fragt nochmal, wer ich bin, ich nenne meinen Namen, und sie kontert mit etlichen, denen sie üble Absichten unterstellt.

„Sie können mich anzeigen, ich hätte Sie bedroht“, sagt sie mehrfach, und ich wiederhole genauso oft „das mache ich nicht. Sie haben mich nicht bedroht“.

Sie fragt nach meinem Mann.

„Es bin nur ich“, sage ich.

Es ist ein zugegeben hilfloses Gespräch. Immerhin lächelt sie am Ende und sagt ´tschüß´,  und ich stecke das Geld wieder ein und denke, ich gebe es ihr dann am Norma. Ich weiß nicht, ob es richtig ist. Ich tue es trotzdem.

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