Ich habe nachgezählt, wie oft ich bereits so richtig am Ausmisten war, und damit meine ich nicht das Grusteln und Aussortieren von ein paar ungetragenen Kleidern aus dem Schrank und Verschenke-Kisten mit Gruschd aus den Schubladen. Nein, ich meine das richtig umfangreiche Wühlen im Dreck und das Entsorgen der Hinterlassenschaften von entgleisten Leben. Ich komme auf fast ein Dutzend Mal. Ich bin mittlerweile Profi und könnte ein Entrümpelungsunternehmen gründen.
Jedes Chaos ist anders, und man erkennt die Ursache darin - Alter, Krankheit, Sucht oder Unfähigkeit, .. – jeder Haufen hat eigene Ekligkeiten und erzählt eine eigene Geschichte. Aber eines ist immer gleich – das Erstaunen darüber, wie viele Gegenstände in der Welt sind, und wie viele davon nicht erst durch ihr Wegwerfen zu Müll werden. Manche waren nie gewertschätzt, und von denen sind viele das Material nicht wert, aus dem sie geschaffen sind, und also ist es eigentlich eine Unerschämtheit, für solchen Müll den Planeten zu plündern mit all den leidvollen Folgen.
Dies Mal habe ich/ haben wir sortiert und entsorgt: ein halbes Dutzend Staubsauger, ein halbes Dutzend Fernseher, noch mehr Kopfhörer, Lampen, Radios und Recorder, ein ganzer Stapel Handys und Tabletts, eine Handvoll Wäscheständer, unbenutzte Babybetten und - wiegen, neuwertiges und kaputtes Spielzeug, tiptop Hausrat, drei Säcke voll Taschen und Rücksäcken, Berge von Kleidung, der Inhalt von beutellosen Staubsaugern, der Inhalt des Aschekastens vom Holzofen, benutzte und unbenutzte Hygieneartikel, Kot von Nagetieren, … . Für die Miete hat´s nicht gereicht, aber für all dieses Zeug. So leicht verfügbar ist das, dass es fast von alleine ins Haus kommt. Die Gegenstände wandern in breitem Strom so durch, als stünde schon „Müll“ auf dem Preisschild, und im Strom fluten sie Gebäude bis in die letzten Winkel.
So wird Wachstum gemacht, mit Billig und Viel, mit Masse und Chaos, mit Schulden, Verwahrlosung und Dysfunktion. Ein Wachstum nach der Parole „Bitte ohne Nebenkosten“. Entsorgung, was ist das? Eine Regel, die den Markt am Wachsen hindert. Gilt als schlecht und läuft schnell unter Bürokratie und übertriebenem Umweltschutz. Alles was Recht ist. Billig und viel und schnell muss es gehen. Nachhaltigkeit und Fairtrade sind was für Gutmenschen, die den Schuss nicht gehört haben.
Wie maßlos „der Markt“ vorgeht, erkennt man spätestens auf der Deponie. Es wird weniger recycelt als technisch möglich wäre. Mitunter wird es gar nicht erst versucht. Reine Stoffe werden getrennt, was noch lange kein Recycling ist, verschraubte oder Dinge welche mit gemischten Zusammensetzungen sind eh Restmüll, Textilien sind fast immer Restmüll. Es sei denn, sie sind sauber, chic und tragbar. Echtes Recycling ist überwiegend „zu teuer und zu umfangreich“, heißt es. Neu produzieren ist einfacher und billiger; solange der Markt genug Rohstoffe hergibt. Bei deren Beschaffung darf man bloß nicht zimperlich sein.
„Der Markt“ ist ein Dreckskerl.
Wenn „Wachstum“ solche asoziale Verschwendung braucht, könnte man mal drüber nachdenken, ob weniger nicht doch besser und mehr ist, und ob „Bürokratie“ – die es ja braucht, wenn Regeln eingehalten werden sollen, die ihrerseits das Leben von 8 Milliarden Menschen kanalisieren sollen, ob Bürokratie also nicht auch sein Gutes hat.
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